Ferrari 512 TR
Kapitel I
Zahlen & Fakten |
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Entwicklungsgeschichte
und
Produktionsverlauf
Der
Ferrari 512 TR wurde der Öffentlichkeit im November 1991 als Nachfolger
des Testarossa präsentiert. Er setzte die erfolgreiche Tradition
der großen Ferrari 12-Zylinder-Sportwagen fort. Seine Grundkonstruktion
beruht, wie auch die des Testarossa, auf der des 512 BB. Jedoch erfuhr
der
Wagen einige tiefgreifende Veränderungen. So wurde die Frontschürze
modernisiert und mit einer Spoilerlippe versehen. Eine deutlich
vergrößerte Rad-/Reifenkombination fand unter den wuchtigen Kotflügeln
Platz. Des weiteren wurde die Hutze auf dem Motordeckel verkleinert,
was die Sicht durch den Rückspiegel etwas verbesserte. Die aus
Aluminium bestehende Karosserie (ausgenommen Türen und Dach), blieb
weitgehend unangetastet. Der
Hilfsrahmen, welcher Motor und Getriebe trägt, wurde bei diesem Modell
mit dem vorderen
Teil des Rahmens verschweißt. Diese Maßnahme machte zwar den Ausbau des
Motors aufwändiger, sorgte aber für eine deutlich gestiegene
Torsionssteifigkeit des Wagens. Für die Motorsierung fand wieder der
bewährte 180°-V12-Zylindermotor mit Trockensumpfschmierung Verwendung.
Diese Konstruktion bietet einige entscheidende Vorteile. Zum
einen ergibt sich (wie bei jedem 12-Zylindermotor) ein vollständiger
Ausgleich von Massenkräften und Massenmomenten sowohl 1.-, als auch 2.
Ordnung. Dieser Umstand sorgt für einen sehr vibrationsarmen Motorlauf.
Des weiteren ermöglicht der Bankwinkel von 180° einen tieferen Einbau
des Motors in das Chassis, was wiederum zu einem niedrigeren
Schwerpunkt, sowie zu einer Reduktion von Nick- und Wankbewegungen
führt. Die Motorkonstruktion wird häufig mit der eines Boxermotors
verwechselt. Der Unterschied liegt jedoch in der
Pleuelanordnung. Diese unterscheidet sich beim 180°-V-Motor zum
Boxermotor dadurch, dass sich zwei Pleuel von gegenüberliegenden Kolben
je eine Kurbelwellenkröpfung teilen. Einige Überarbeitungen mussten
aber auch Motor und Peripherie über sich ergehen lassen. So wurden
die Zylinderköpfe mit größeren
Ventilen versehen, strömungs- und volumenoptimierte Luftfilterkästen
verbaut, sowie die Auspuffanlage modifiziert. Das Motormanagment
(Bosch-Motronic) erfuhr eine neue Applikation unter Berücksichtigung
der veränderten Bauteile.
Das
Ergebnis dieser gesamten
Optimierungen waren sowohl längs-, als auch querdynamisch erheblich
gesteigerte Fahrleistungen. So überschritt die Höchstgeschwindigkeit
des Wagens die 300 km/h-Marke deutlich, was nicht zuletzt auch in dem
verbesserten Luftwiderstandsbeiwert von cw = 0,33 begründet lag.
Auch Beschleunigung und Durchzug verbesserten sich im Vergleich zum
Testarossa deutlich (siehe Tabelle in Kapitel II).
Zur Serienausstattung gehörten: Lederpolster, Lederlenkrad, elektrische
Fensterheber, elektrische Aussenspiegel, Zentralverriegelung,
Öltemperaturanzeige, Colorglas sowie Aluminiumfelgen.
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 Der Ferrari 512 TR in seltenem schwarz
 Die geschwungene Seitenlinie erinnert mit Absicht an einen Flügel
 Mit fast 2 m gehört der 512 TR zu den breitesten Sportwagen im Land
 Durch die Kühlrippen in Türen und Kotflügeln werden die seitlich angebrachten Wasserkühler mit Fahrtwind durchströmt
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 Die Frontschürze unterscheidet den 512 TR deutlich von dem Vorgänger Testarossa
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Daten
(Herstellerangaben) | Motor: | 12-Zylinder
180°V-Motor, mittig und längs zur Fahrtrichtung eingebaut, vier
obenliegende Nockenwellen, 48-Ventile, Bohrung x Hub: 82,0 mm x 78,0
mm, Hubraum: 4943 ccm, Zahnriemensteuerung, elektronische
Benzineinspritzung
| Leistung: | 315 kW/428 PS bei 6750 U/min | Leistungsgewicht:
| 3,84 kg/PS | Drehmoment: | 491 Nm bei 5500 U/min
| Antriebskonzept: | Mittelmotor, Heckantrieb, 5-Gang Schaltgetriebe | Abmessungen: | Länge
x Breite x Höhe: 4480 mm x 1976 mm x 1135 mm
| Tankinhalt: | 100 Liter
| Leergewicht: | 1644 kg
| Bauzeitraum: | 1991 - 1994 | Stückzahlen: | 2280 Stk. |
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Mängel, Probleme und Schwachstellen
Der
Ferrari 512 TR gilt in Sportfahrerkreisen als der "bessere Testarossa".
Viele Krankheiten seines Vorgängers waren bereits überwunden und
machten den Wagen in Verbindung mit den bereits genannten Optimierungen,
zu einem ausgereiften und ungemein schnellen Supersportwagen. Die
Motoren gelten als sehr standfest und dauerhaltbar. Hier kommt es,
wie bei den meisten exotischen Sportwagen, aber auf die korrekte
Wartung und Pflege an. So muss der Zahnriemen laut Ferrari alle 2 Jahre
ersetzt werden. Aufgrund der Verwendung von neuen und deutlich
haltbareren Materialien im Zahnriemenbau, gilt diese Empfehlung jedoch
als überholt. Ein Intervall von 3-4 Jahren wird in "Ferraristi-Kreisen"
präferiert. Für den Ersatz des Riemens ist, aufgrund der Enge des
Bauraumes, der Ausbau des Motors notwendig. Dieser gestaltet sich
aufgrund der Verschweißung von Hilfsrahmen und vorderem Rahmenteil
etwas aufwändiger als noch bei seinem Vorgänger. Einige Probleme bereitet das Getriebe des 512 TR. Hier kommt es nicht selten zum Bruch der Hauptwelle. Die Ursache liegt nach gegenwärtigem Erkenntnisstand, in mangelnder Materialqualität begründet. Häufige
Rennstreckenbesuche und unsachgemäßer Gebrauch des Fahrzeugs (schnelle
und/oder unpräzise Schaltvorgänge, Kupplung "schnackenlassen"
insbesondere im Bereich des maximalen Drehmoments) scheinen das
Auftreten dieses Problems aber deutlich zu beschleunigen. Die
Materialkosten für die benötigten Ersatzteile halten sich mit ca. 2000
Euro noch in Grenzen. Der Ausbau, die Zerlegung und der Verbau der
neuen Welle schlagen jedoch je nach Werkstatt mit weiteren 10.000 Euro
zu Buche. Einen Trost gibt es allerdings: die neuen Wellen
sind deutlich verstärkt, so dass dieses Problem wohl kein zweites Mal
auftreten dürfte. Ein übliches Problem der Ferrari aus diesen Dekaden
ist die Schaltbarkeit des 2. Gangs im kalten Zustand. Dieser ist auch
mit Nachdruck vor dem Erreichen der Betriebstemperatur kaum einzulegen.
Das Problem lässt sich umgehen, wenn man entweder direkt im 2. Gang
anfährt, oder vom 1. Gang direkt in den 3. Gang schaltet. Aufgrund des
recht hohen Motordrehmoments sollten beide Varianten problemlos möglich
sein.
Wie bei allen Sportwagen die "artgerecht" behandelt werden, sollte auf
alle Fahrwerksteile ein Augenmerk gelegt werden. Insbesondere die Querlenkerbuchsen neigen hier zu erhöhtem Verschleiß.
Im Allgemeinen
sind die Unterhaltkosten für diesen Wagen ungleich höher, als für seine
kleineren Brüder mit 8-Zylindermotor. Neben dem bereits erwähnten
regelmäßigen Aufwand des Zahnriemenwechsels, schlagen recht hohe
Steuern, sowie hohe Ersatzteilpreise große Löcher ins Portemonnaie. Wer
viel selber machen kann und Zeit und Muße hat zu vergleichen, kann
hier aber Geld sparen. Bei genauem Blick zeigt sich auf den
meisten Elektronikbauteilen im Motorraum ein BOSCH - Zeichen. Auch die
vorderen Bremsbeläge lassen sich zu günstigerem Preis in den
BMW-Händlerregalen finden.
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Das Cockpit des 512 TR überzeugt durch schlichte Eleganz
 Das Ledergestühl bietet genügend Seitenhalt auch für sportlich genommene Kurven
 180° Zylinderwinkel - und trotzdem kein Boxermotor
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| Fahrleistungen ermittelt von der Zeitschrift (Werbung wg. Verlinkung) sport auto | Höchstgeschwindigkeit (Herstellerangabe): | 309 km/h | Beschleunigung:
| 0-100 km/h: 5,3 sek. 0-160 km/h: 10,6 sek. 0-200 km/h: 16,5 sek. 0-1000m: 23,4 sek.
| Fahrwerk (Herstellerangaben) | Radaufhängung vorne / hinten: | Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern, Schraubenfedern, Stoßdämpfer, Stabilisator / Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern, 2 Schraubenfedern pro Seite, 2 Stoßdämpfer pro Seite, Stabilisator | Rad-/Reifenkombination: vorne / hinten: | 235/40 ZR18 auf Aluminiumfelge 8,0Jx18 295/35 ZR18 auf Aluminiumfelge 10,5Jx18
| Bremsen (Herstellerangaben) | Unterdruckbremskraftverstärker, ABS, Bremsscheiben rundum mit Innenbelüftung , Ø vorne /
hinten: 315 mm / 310 mm,
| Fahrverhalten (Kurzbetrachtung) Die
fahrdynamische Betrachtung offenbart hohe Lenkkräfte im Stand aufgrund
der fehlenden Servolenkung. Im Fahrbetrieb erfreut diese jedoch mit
guter Rückmeldung und hoher Präzision. Das Fahrwerk ist sportlich
straff und ermöglicht in Verbindung mit der breiten Bereifung hohe
Kurvengeschwindigkeiten. Der Motor bietet hervorragende Fahrleistungen
und ermöglicht durch sein hohes Drehmoment eine schaltfaule Fahrweise
(so diese überhaupt gewünscht ist). Typisch für Ferrari dieser Baujahre
ist die Schaltbarkeit des 2. Gangs im kalten Zustand miserabel. Bei
betriebswarmem Motor ist diese hingegen in allen Gängen sehr präzise und
durch ein deutliches "Klackgeräusch" begleitet. Der Motorsound ist
qualitativ und quantitativ auf sehr gutem Sportwagen-Niveau. Durch eine
Sportabgasanlage kann hier das Soundpotential des Motors aber erst
vollends ausgeschöpft werden. |
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| Fazit und Kaufberatung
Der
Ferrari 512 TR bietet einen hervorragenden Einstieg in die
"Ferrari-12-Zylinder-Welt". Die meißten Kinderkrankheiten des
Testarossa waren hier bereits behoben. Zudem erfreut er durch sehr gute
Fahrleistungen und fantastischen Motorsound. Die Preise für gepflegte
Fahrzeuge sind zur Zeit noch moderat (Stand 07/2012). Das Potential zum
Klassiker ist aber in jedem Falle gegeben. Wer also mit den wenigen
Problemstellen des Wagens leben kann, sollte einen Kauf nicht mehr
lange verschieben. Unbedingt gilt aber: ein Fahrzeug vom
Ferrari-Händler mit einwandfrei belegbarer Historie ist dem
vermeintlichen Schnäppchen aus privater Hand vorzuziehen. |
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